Icons caret-sm-white star-half circle-drag icon-checkmark-nocircle icon-envelope Left Arrow Scroll down Scroll down close Expand Scroll down quote-marks squiggle Play Play Pause Pause long squiggle squiggle 1 close filter-icon Info Information Plus Icon Minus Icon Check Icon Check Icon

Alle Bestellungen versandkostenfrei ab 75€, kostenlose Retouren.

Österreich Flagge Österreich Deutsch Änderung
Lauf-Community

Überwinden von Behindertendiskriminierung im Laufsport

Nicole Ver Kuilen hofft, die Prothesentechnologie für mehr Sportler*innen zugänglich machen zu können, denn es ist wichtig, körperlich aktiv zu bleiben.
Pfeil nach unten
Pfeil nach unten

Der Laufsport kann und sollte ein Ort der Inklusion sein. Doch manchmal verengen sich die Wege gerade dort, wo sie sich öffnen sollten. Deshalb wollen wir hier den Geschichten von Läufer*innen mit einer körperlichen Behinderung freie Bahn bieten, denn nur so gelingt es, ein ganzheitliches Bild unseres Sports zu skizzieren.

Bewegung nach vorne

Es ist nicht schwer, sich den Laufsport als einen einfachen Akt vorzustellen, bei dem ein Fuß vor den anderen gesetzt wird — doch für viele von uns geht gerade diese Definition nicht auf. Denn manche Sportler*innen haben nur einen Fuß. Andere wiederum gelangen auf Rädern von A nach B. Auch sie sind Läufer*innen, obwohl ihr Bewegungsmuster vom herkömmlichen Bild des Laufsports abweicht.

Nicole Ver Kuilen hofft, die Prothesentechnologie für mehr Sportler*innen zugänglich machen zu können, denn es ist wichtig, körperlich aktiv zu bleiben.

Nicole Ver Kuilen hofft, die Prothesentechnologie für mehr Sportler*innen zugänglich machen zu können, denn es ist wichtig, körperlich aktiv zu bleiben.

Um mit impliziten Vorurteilen aufzuräumen, nehmen wir uns die Zeit, zuzuhören, mehr zu erfahren und mit der Behinderten Community in Kontakt zu treten. Darum haben wir mit Kelly Bonner, Nicole Ver Kuilen und Danielle „Dee“ Palagi gesprochen. Diese eingeschworenen Aktivistinnen haben ihre Erkenntnisse angesichts der Herausforderungen, vor denen Menschen mit Behinderungen stehen, und der Möglichkeiten, die uns zur Verfügung stehen, damit sich alle im Laufsport zu Hause fühlen, mit uns geteilt.

Kelly Bonner, stellvertretende Leiterin des National Center on Health Physical Activity and Disability (Nationales Zentrum für Gesundheit, körperliche Aktivitäten und Behinderungen), beschreibt den Laufsport als eine Aktivität, bei der sich alles um die „Bewegung nach vorne“ dreht. Ihre Definition ermöglicht es auch Menschen im Rollstuhl, mit Prothesen oder anderen Bewegungshilfen, am Laufsport teilzuhaben.

Mit ihrer Arbeit am NCHPAD (ausgesprochen wie „Nickpad“) hofft Kelly Bonner, die kulturellen Vorstellungen von Behinderungen neu zu kodieren und den Status Quo zu hinterfragen. Das öffentliche Gesundheits- und Ressourcenzentrum unterstützt Menschen mit Behinderungen dabei, von den Vorteilen einer gesteigerten Teilnahme an sportlichen und sozialen Aktivitäten aller Art zu profitieren.

Was bedeutet es, ein/e Läufer*in mit einer Behinderung zu sein?

Auch Läufer*innen mit einer Behinderung sind nach wie vor Läufer*innen, der einzige Unterschied besteht darin, wie sie zum Lauf erscheinen.

Erstens, mit einer Behinderung braucht es etwas mehr als nur ein Paar Laufschuhe und den eigenen Körper, um vorwärts zu kommen.

„Ein*e Läufer*in mit einer Behinderung ist auf die Funktion von Mobilitätshilfen angewiesen. Damit kannst du dann so viel und so weit laufen, wie du willst“, erklärt Danielle „Dee“ Palagi, die nach einem Radunfall als junge Erwachsene ihr Bein verlor. Heute benutzt sie beim Laufen eine Beinprothese.

Hat man dann erst einmal die richtige Ausrüstung gefunden, folgt das Training, das persönlich zugeschnitten ist. Dee Palagi war nach ihrem Unfall monatelang ans Bett gefesselt. Doch ihre Prothese verlieh ihr neuen Mut und trug dazu bei, wieder auf die Beine zu kommen. „Ich musste erst einmal wieder Muskeln aufbauen. Es hat mir großen Spaß gemacht, mir Ziele zu setzen und dabei eigene Maßstäbe zu entwickeln“, erklärt sie.

Behinderungen selbst stellen keine Hürde für die Menschen dar. Es ist die Gesellschaft, die Hürden setzt.“

Kelly Bonner

Nicole Ver Kuilen, Sportlerin, Gründerin einer Nonprofit-Organisation und Fürsprecherin für Menschen mit Prothesen, musste völlig neue Herausforderungen bewältigen, als sie das Laufen mit einer Beinprothese begann. Sie war kaum ein Teenager, als sie die Diagnose Knochenkrebs bekam. Es folgt die schwere Entscheidung, eine Amputation unterhalb ihres linken Knies vorzunehmen. Wie bei Dee Palagi ließ auch bei Nicole Ver Kuilen das Interesse am Sport nach der Operation nicht nach. Sie machte die Erfahrung, dass sie an ihrer Sportbegeisterung festhalten konnte. Es war schließlich nur ihr Körper, der sich verändert hatte — neben den Hindernissen, denen sie nun begegnete.

Da Läufer*innen mit Behinderungen im Gegensatz zu nicht behinderten Läufer*innen oftmals vor zusätzlichen Herausforderungen stehen, möchte Kelly Bonner uns in angemessener Weise auf das Problem aufmerksam machen.

„Die Behinderungen selbst stellen keine Hürde für die Menschen dar. Es ist die Gesellschaft, die Hürden setzt,“ erklärt sie dazu.

Wenn alle Fähigkeiten angemessen berücksichtigt würden, wäre etwas wie ein Rollstuhl oder eine Prothese überhaupt keine Einschränkung.

Dee Palagi beim Laufen

Dee Palagi (hier abgebildet) und Nicole Ver Kuilen haben bei Dare2Tri mitgewirkt, einer Organisation, die Sportler*innen mit Behinderungen fördert und die Community durch Aktivitäten wie Schwimmen, Radfahren und Laufen unterstützt.

Die Hürden

Ein frühzeitiger Schritt zur Schaffung von mehr Gleichberechtigung im Laufsport ist Aufklärung. Viele Läufer*innen würden die Diskriminierung von Behindertem in unserem Sport gerne überwinden, verstehen jedoch nicht, welche spezifischen Hürden mit einer Behinderung verbunden sind.

Läufer*innen mit einer Beinprothese benötigen beispielsweise eine speziell auf die Aktivitäten zugeschnittene Prothese. Eine Alltagsprothese ist zum Spazierengehen gedacht, bietet jedoch keine Unterstützung bei sportlichen Aktivitäten wie dem Klettern, Laufen oder Schwimmen.

„Mit einer normalen Prothese Laufsport zu treiben, ist wie Laufen mit einem Klotz am Bein“, erklärt Nicole Ver Kuilen.

Hinzu kommt, dass Sportprothesen oftmals nahezu unerschwinglich sind. „Die meisten Versicherungen halten das aus medizinischer Sicht für überflüssig“, wie Nicole Ver Kuilen berichtet.

Ich habe 16 Jahre auf die Chance gewartet, endlich wieder richtig laufen zu können.“

Nicole Ver Kuilen

Manche Sportler*innen werden vor die Wahl gestellt: entweder den Sport ganz aufgeben oder alles mit der Beinprothese machen. Nicole Ver Kuilen entschied sich für Letzteres, doch das hatte einen hohen Preis. Als Kind brach ihre Prothese immer wieder, wenn sie sich an ganz normalen Aktivitäten beteiligte, wie etwa beim Sportunterricht in der Schule — Dinge, über die Gleichaltrige nicht zweimal nachzudenken brauchten.

Und sie verlangte ihrem Körper einiges ab. „Mein Becken geriet in eine Schieflage“, berichtet sie. Das führte beim Laufen zu Schmerzen. Sie hat sich bei fast allen sportlichen Aktivitäten durch die Schmerzen hindurchbeißen müssen, bis sie endlich eine passende Laufprothese erhielt — im Alter von 26 Jahren.

„Ich habe 16 Jahre auf die Chance gewartet, endlich wieder richtig laufen zu können“, berichtet Nicole Ver Kuilen.

Unsichtbare Kosten

Es war jedoch nicht nur das Laufen, das für sie scheinbar unerreichbar geworden war. Viele herkömmliche Beinprothesen sind nicht wasserfest, daher sind Aktivitäten wie Schwimmen oder sogar schon das Waten im Wasser ausgeschlossen. „Man braucht praktisch eine Sonderausstattung, wenn man mit der Natur verbunden bleiben möchte“, berichtet Nicole Ver Kuilen.

Ein weiterer Kostenfaktor beim Laufen mit einer Prothese sind die Zeit und die Energie, die nötig sind, damit die Ausstattung stimmt. Für Läufer*innen mit einer Prothese ist der Schaft entscheidend und zugleich nur schwer einzustellen. Nicole Ver Kuilen schätzt, dass es 5 bis 10 Termine braucht, bis alles richtig sitzt.

Um die auf dich zugeschnittene medizinische Unterstützung zu erhalten, musst du den richtigen Prothesen-Techniker für dich finden.“

Danielle "Dee" Palagi

Dee Palagi hat einen ähnlichen Ansatz. Sie trainiert für große Sportveranstaltungen — Bergbesteigungen, Triathlons und vieles mehr — was einen strengen und zeitraubenden Trainingsplan erfordert. Und dennoch verbringt sie nach eigener Aussage die meiste Zeit im Büro. Weil es eben nicht nur eine Frage des Anpassens einer Prothese ist. Hinzu kommt außerdem die regelmäßige, professionelle Pflege der Prothese.

„Wenn meine Prothese bricht, tauchen neue Sorgen auf, es werden neue Teile oder Techniken benötigt, auf die ich eingehen muss“, wie Dee Palagi erklärt. Um Verletzungspausen oder längere Trainingsunterbrechungen zu vermeiden, muss sie Probleme bereits im Keim ersticken.

Zu guter Letzt brauchen Sportler*innen mit Behinderungen eine Unterkunft beim Wettkampf. Häufig sind sich Veranstaltungsleiter*innen nicht darüber bewusst, was das beinhaltet, wie Nicole Ver Kuilen und Dee Palagi berichten. So nehmen beispielsweise beide Frauen an Triathlons teil, kämpfen manchmal aber mit dem Übergang zwischen den einzelnen Disziplinen.

Nicole Ver Kuilen war sogar schon einmal auf die Hilfe von Fremden angewiesen, die ihr bei einem Triathlon aus dem Wasser halfen. Zuschauer*innen standen ihr bereitwillig zur Seite, während Unterstützung von offizieller Seite fehlte.

Danielle „Dee“ Palagi zeigt beim Laufen den Daumen hoch

Als Triathletin und Kletterin ist Dee Palagi zu einer Fürsprecherin für Sportler*innen mit einer Behinderung geworden.

Support für alle

Du fragst dich, was du tun kannst? Unsere Aktivist*innen bieten Einblicke für Läufer*innen aller Leistungsstufen.

Anderen Läufer*innen mit einer Behinderung empfiehlt Nicole Ver Kuilen, sich in die Community einzuklinken — etwas, was sie selbst erst tat, als sie schon erwachsen war.

„Als Kind habe ich mit dieser neuen Identität und der Frage gekämpft, ob ich je wieder eine Sportlerin sein kann“, berichtet sie. Heute ist klar, dass es ihr gelungen ist. Das Gefühl, ein Teil der Behindertengemeinschaft zu sein, hätte ihr damals helfen können, ihr Potenzial bereits zu einem früheren Zeitpunkt zu entdecken.

Auch Dee Palagi berichtet, dass sie dank der Community immer mehr aufblüht und durch das Training neue Leute kennengelernt hat. Sie hat sogar einen Bekannten, der seine eigene Prothese für den Klettersport entwickelt hat. Mit seiner Hilfe arbeitet Dee Palagi inzwischen an ihrer eigenen Version.

Sie berät daneben andere Sportler*innen mit Behinderungen, wie sie sich für ihre Interessen stark machen können. Der erste Orthopädie-Techniker, mit dem sie gearbeitet hat, war zunächst nicht darauf vorbereitet, etwas anderes als eine herkömmliche Beinprothese für sie zu entwickeln. „Um die für dich geeignete medizinische Unterstützung zu bekommen musst du die Person finden, mit der du am besten zurechtkommst“, erklärt Dee Palagi.

Nicole Ver Kuilen ermutigt alle, unabhängig von ihren jeweiligen Fähigkeiten, dazu, das Bewusstsein für die Schwierigkeiten, vor denen die Behindertengemeinschaft steht, zu steigern. Bei ihrer persönlichen Reise ist Nicole Ver Kuilen selbst aufgebrochen, um das Bewusstsein für Sportler*innen mit Behinderungen zu steigern, indem sie einen 2.400 KM langen Triathlon an der Westküste der USA absolvierte. Sie hat dieses Kunststück nur mit ihrer Beinprothese vollbracht, um zu zeigen, wie wichtig Spezialprothesen sind.

Im Hinblick auf die Wettkampforganisation empfiehlt Kelly Bonner Veranstaltern, den Bau von Unterkünften für Sportler*innen mit unterschiedlichen Behinderungen ins Auge zu fassen, anstatt diese nur von Fall zu Fall anzubieten.

„Manchmal heißt es: ´Ach, sie hätten nur zu fragen brauchen´. Jetzt stellen Sie sich einmal vor, Sie müssten Ihr ganzes Leben lang ständig fragen!“ Die Einbeziehung der Gesellschaft soll dazu beitragen, der Behindertengemeinschaft diese Bürde abzunehmen, meint Kelly Bonner.

Den Erfolg als das Ergebnis harter Arbeit feiern, nicht als Wettbewerbsteilnahme mit einer Behinderung an sich.“

Danielle "Dee" Palagi

Auch das Marketing für Sportveranstaltungen sollte zugänglich sein — man denke beispielsweise an behindertengerechte Webseiten — und Vertretung der Interessen von Behinderten, um Stereotypen zu hinterfragen.

Vor allem empfiehlt Kelly Bonner den Veranstaltern jedoch, bereits bei der Organisation von Veranstaltungen Mitglieder der Behindertengemeinschaft einzubeziehen. Ihr Tipp: „Auf keinen Fall davon ausgehen, man habe schon alles richtig gemacht. Sondern stattdessen nachfragen.“ Und Berater*innen für ihre Expertise bezahlen.

Zum Schluss verweisen Dee Palagi und Nicole Ver Kuilen noch auf den Einfluss der Sprache, die von Respekt geprägt sein sollte. Sie warnen vor der Ausnutzung behinderter Sportler*innen als Inspirationsquelle und vor herablassenden Komplimenten.

Wenn Sportler*innen angespornt werden, sollten Sportler*innen mit Behinderungen wie alle anderen Sportler*innen auch behandelt werden. „Es geht darum, den Erfolg als das Ergebnis harter Arbeit zu feiern, nicht als Wettbewerbsteilnahme mit einer Behinderung an sich“, erklärt Dee Palagi. Mit anderen Worten, es geht an erster Stelle um die Person und ihre sportlichen Fähigkeiten.

„Es geht nicht um die Grenzen oder Ziele einer einzelnen Person“, stimmt Nicole Ver Kuilen zu. „So lange die Person etwas schafft, was andere inspiriert, hat sie es verdient, von uns angefeuert und gefeiert zu werden.“

Nicole Ver Kuilen, Gründerin der Nonprofit-Organisation Forrest Stump, macht einen Freudensprung auf einer menschenleeren Straße

Nicole Ver Kuilen trug zur Gründung der Nonprofit-Organisation Forrest Stump bei, um Menschen mit Behinderungen den gleichberechtigten Zugang zu körperlichen Aktivitäten zu ermöglichen.

Wo finde ich weitere Informationen über das

NCHPAD

Eine beeindruckende Quelle für Informationen über körperliche Aktivitäten, Gesundheitsförderung und Behinderungen.

Forrest Stump

Nicole Ver Kuilens Teilnahme am Triathlon führte zur Gründung ihrer Nonprofit-Organisation Forrest Stump, die es sich zur Mission gemacht hat, den gleichberechtigten Zugang zu sportlichen Betätigungen für Menschen mit Behinderungen zu fördern.

  • Ihren Film
  • ansehen und teilen
  • Die Petition ihrer Organisation an den Kongress unterzeichnen, in dem sie dazu aufruft, „das Recht von Amerikaner*innenn mit Behinderungen auf Sport“ zu wahren.

Dare2Tri

Dare2Tri fördert die Inklusion bei Freizeitaktivitäten, Rennen und Wettkämpfen, und setzt sich für den Gemeinschaftssinn aller Sportler und Sportlerinnen ein.

Achilles International

Diese Organisation hat sich zum Ziel gesetzt, das Leben von Menschen mit Behinderungen durch Sportprogramme und soziales Miteinander zu verändern. Achilles International bietet Support, Training und technische Expertise für Menschen aller Leistungsstufen.

Challenged Athletes Foundation

Millionen von Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen haben keinen Zugang zu der Sportausrüstung und den Programmen, die sie brauchen, um aktiv zu bleiben. Die Stiftung unterstützt Sportler*innen mit Beihilfen, Clinics, Trainingslagern und vielem mehr.

Tags